DIE LINKE. Stadtverband Herten: Aktuelles

Asylpaket II: Stammtisch statt Menschlichkeit

DIE LINKE. NRW

Landessprecherin Özlem Alev Demirel, Sprecherin des Landesverbandes DIE LINKE. NRW, nimmt Stellung zum vom Regierungskabinett beschlossenen Gesetzentwurf zur Verschärfung des Asylrechtes (Asylpaket II). Dass die NRW Grünen Teile des Gesetzes im Bundesrat blockieren, sei zu hoffen, aber nicht zu erwarten.

Deutschland ist eines der reichsten Länder der Welt. Wenn der politische Wille da ist, kann sich dieser Staat Menschlichkeit leisten. Diese Feststellung an den Anfang der Überlegungen macht klar, wie der Kurs, den die Bundesregierung mit dem Asylpaket II fortsetzt, zu bewerten ist: Es ist eine Entscheidung gegen die Menschlichkeit. Kein Sachzwang rechtfertigt diese Einschränkung von Menschenrechten.

Das Asylpaket II adressiert nicht die realen Probleme, wie Bearbeitungsstaus bei Asylanträgen, überfüllte Unterkünfte oder Kommunen, die schon vor der Zunahme von Flüchtlingen kurz vor der Pleite standen und sich jetzt nur schwer angemessen reagieren können.

Das Asylpaket II adressiert ausschließlich die populistisch angeheizte Stimmungslage von Teilen der Bevölkerung, die Berichte über Fehlverhalten mancher Menschen mit Migrationshintergrund auf die Gesamtheit der Flüchtlinge projizieren und Verunsicherung schüren. Dabei wissen wir, dass das falsch ist. Flüchtlinge sind nicht krimineller als die übrige Bevölkerung. Dieser Fakt, der von Statistiken und Fachleuten überall belegt wird, ist auch der Regierung bekannt. Aber er wird ignoriert. Stattdessen werden die Ereignisse der Silvesternacht in Köln ausdrücklich zur Begründung einer Verschärfung des Asylrechts herangezogen.

Dabei wäre es gerade in der aktuellen aufgeheizten Situation wichtig, klarzustellen, dass Strafverfolgung Aufgabe von Polizei und Justiz, nicht von Ausländerbehörden ist. Dass im Strafrecht wie auch in den Menschenrechten kein Unterschied nach Herkunft gemacht werden darf.

Um die aktuelle Situation gut zu bewältigen, braucht es unter anderem mehr Personal zur Bearbeitung der Anträge, bezahlbaren Wohnraum, Sprachkurse, handlungsfähige Kommunen und nicht zuletzt eine echte Willkommenskultur, die Menschen Heimat und Perspektive bietet, statt sie zu einem Leben auf dem Schleudersitz zu verdammen. Nichts davon enthält das Asylpaket II.

Stattdessen: Absenkung der Leistungen unter das Existenzminimum, Einschränkung der Bewegungsfreiheit, Abschiebung von Kranken, Einschränkung des Familiennachzugs, oberflächlichere Prüfung vieler Anträge in „Eilverfahren“, bürokratische Hürden und Schikanen wie „Sachleistungen statt Geld“. So heißt man Menschen nicht willkommen. So behandelt man Flüchtlinge als Menschen, für die Respekt und Menschenrechte nur eingeschränkt gelten. Menschenrechte sterben bei uns scheibchenweise.

Besonders zornig macht mich das prinzipienlose Verhalten der Grünen in dieser Sache: Im Bundestag ablehnen, im Bundesrat zustimmen. Das war schon beim Asylpaket 2015 so und die Zeichen deuten darauf hin, dass es auch bei der Ausweitung der sogenannten „sicheren Herkunftsländer“ im Asylpaket II nicht anders sein wird. Auch Bosnien-Herzegowina, Mazedonien und Serbien hätten ohne Grüne Stimmen nicht zu sicheren Herkunftsstaaten erklärt werden können. Auf eine Partei, die nur dann ihr Programm vertritt, wenn das keine Folgen hat, kann man nicht bauen wenn es um Leben und Zukunft von Menschen geht.

Das ganze Konzept der sicheren Herkunftsstaaten ist inakzeptabel. Es unterteilt Flüchtlinge in solche, deren Asylanträge zumindest normal bearbeitet werden und solche, die man nur sehr oberflächlich und pessimistisch prüft. Balkanstaaten, in denen Teile der Bevölkerung massiver Diskriminierung ausgesetzt sind, gelten als „sichere Herkunftsländer“. Die Türkei mit ihrem Bürgerkrieg gegen die Kurden und die freie Presse, ebenso wie Afghanistan mit dem Krieg gegen die Taliban waren zwischenzeitlich in der Diskussion. Jetzt sollen Albanien, Marokko und Tunesien als sicher erklärt werden. Nicht, weil sich die politische Lage dort gebessert hätte, sondern weil nach den Ereignissen der Silvesternacht in Köln die Stimmung gegen nordafrikanische Flüchtlinge ist.

Wir Linken stehen zur Verteidigung der Menschenrechte und das bedeutet: Das Asylrecht muss ohne Einschränkungen für alle gelten, die es brauchen, unabhängig von der Herkunft des Flüchtlings. Das ist machbar, das ist notwendig, das ist Grundrecht. Und das bedeutet auch, dass die Gefährdung von Leben und Gesundheit eines Menschen niemals in Kauf genommen werden darf.

Wir Linken dürfen nicht zulassen, dass hier Menschen gegeneinander ausgespielt werden. Wenn wir uns fragen: „Was ist der Standard, den wir für alle bei uns lebenden garantieren möchten?“, dann betrifft das Menschen mit und ohne deutschen Pass gleichermaßen. Und wenn das Geld nicht reicht, dann wissen wir, wo es zu holen ist: Bei den reichsten 10%, die über zwei Drittel der Vermögen in Deutschland verfügen.

Entgegen aller Panikmache müssen wir Linken klar machen: Deutschland ist von den Flüchtlingen weder bedroht noch überfordert. Die Herausforderung kann und muss bewältigt werden. Der Kurs der abnehmenden Menschlichkeit, für den Angela Merkel und Siegmar Gabriel stehen, ist falsch und verbrecherisch. Ein Kniefall vor den Stammtischen.
Menschenrechte: Dass muss drin sein. Ohne Wenn und Aber.
 
Materialsammlung von ProAsyl zum Thema mit Petition hier.